Der Pastpräsident des Rotary Clubs Bad Saarow beschäftigte sich schon seit seiner Studienzeit in Greifswald mit Leben und Wirken von Prof. August Bier, der seinen Lebensmittelpunkt in Sauen unweit östlich von Bad Saarow gefunden hatte. Über diesen bedeutenden Mediziner, Philosophen und Naturfreund hielt er im Rotary Club einen Vortrag.

August Bier wurde am 22. November 1861 geboren und war nicht nur ein angesehener Arzt, sondern auch ein Philosoph und Forstmann. In seiner Schulzeit war das Lieblingsfach Zoologie und er beobachtete aufmerksam die Natur. In Leipzig studierte er Medizin, machte das Physikum in Kiel und arbeitete anschließend als Chirurg und Anästhesist an verschiedenen Krankenhäusern.

Bier galt als Pionier auf dem Gebiet der Anästhesie und führte einige wichtige Entwicklungen in diesem Bereich ein. Am 24.8.1889 unternahm er mit seinem Kollegen Hildebrandt Eigenversuche, da sich (sicher) für diese Aktion keine freiwilligen Testpersonen fanden. Sie gaben sich gegenseitige KokainInjektionen in den Rückenmarkkanal und fügten sich Schmerzen am Unterkörper zu, um die Wirkung ihres unorthodoxen Eingriffs zu testen. Eine Flasche Brandy und dicke Zigarren waren hilfreich, die Nebenwirkungen dieser Maßnahme zu überstehen. Damit wurde er zum Erfinder der sogenannten “Spinalanästhesie”, bei der ein Lokalanästhetikum in den Subarachnoidalraum des Rückenmarks injiziert wird, um den Patienten von der Hüfte abwärts zu betäuben. Dieser Durchbruch in der Anästhesie revolutionierte die Chirurgie und eröffnete neue Möglichkeiten für schmerzfreie Operationen.

Neben seiner medizinischen Arbeit war August Bier auch als Philosoph tätig. Er beschäftigte sich mit philosophischen Fragen, insbesondere solchen, die sich mit dem Bewusstsein und dem Wesen des Menschen auseinandersetzten. Insbesondere die Beschäftigung mit den Philosophen Heraklit und Hippokrates beeinflussten seine Arbeit als Arzt und Forscher.

Darüber hinaus war August Bier auch ein passionierter Forstmann. Er interessierte sich für den Wald und die Natur und setzte sich für den Schutz und die nachhaltige Nutzung von Wäldern ein. Mit dem Waldexperiment Sauen zeigte er die erfolgreiche Umgestaltung des Waldes von der Monokultur zum Mischwald und den Schutz des Waldes durch die Waldinnen- und außenränder. Seine Leidenschaft für die Natur spiegelte sich auch in seinen wissenschaftlichen Veröffentlichungen wider.

August Bier verstarb am 12. März 1949 in Sauen. Seine philosophischen und naturwissenschaftlichen Interessen zeugen von einem Mann, der nicht nur in seiner Fachdisziplin, sondern auch darüber hinaus ein bemerkenswertes Leben führte.

Nachzutragen wäre eine Episode aus der Endzeit des 2. Weltkriegs, die ein Schlaglicht auf die internationale Bedeutung von Prof. August Bier wirft. Wie viele seiner Landsleute flüchtete er mit seiner Familie und Sekretärin vor der Roten Armee aus Sauen und landete erschöpft im Lazarett in Lindau bei Zerbst. Frau Prof. Valentina Gorinewskaja, eine sowjetische Ärztin in hoher Stabsfunktion, die in Berlin bei August Bier studiert hatte, erkannte ihn dort. Sie setzte bei Marschall Shukow durch, dass Bier nach Sauen zurückkehren durfte und dort nicht von der russischen Administration oder der streunenden Soldateska behelligt wurde.