Josef Thorak

Skulptur Hermann Paschke 1931 (© Manfred Höhne)

Bronzefigur eines Boxers nach dem Vorbild von Max Schmeling (1936 – 1938)
(© Dr. Manfred Uhlitz, Verein für die Geschichte Berlins e.V., gegr. 1865)

Fritz Erler (1868 – 1940), Prof. Josef Thorak 1939 (Wikimedia Commons, gemeinfrei)

Erbbegräbnis Franz Ullstein auf dem Friedhof Heerstraße in Berlin-Westend (Mutter Erde, Wikimedia Commons, gemeinfrei)

Biografie

  • Geboren am 7. 2. 1889 in Wien unehelich als Sohn des Töpfers Josef Thorak aus Ostpreußen und Mathilde Emig aus Salzburg. Kurz nach der Geburt zogen Mutter und Sohn zurück nach Salzburg. 1896 heirateten die Eltern und der Junge nahm den Familiennamen des Vaters an, doch die Ehe war zerrüttet
  • Im September 1896 wurde Josef in die „Besserungsanstalt für verwahrloste Knaben“ in Edmundsburg gegeben und von Schwestern aus Linz betreut. Doch der Junge revoltierte 1898, legte Feuer an sein Bett und wurde von einer Schwester daraufhin derart gezüchtigt, dass die Mutter einen Prozess gegen die Anstalt anstrengte. Die Oberin und die Schwester wurden zwar verurteilt, aber der Prozess fand ein gespaltenes mediales Echo, das die Mutter veranlasste, Salzburg zu verlassen. Josef Thorak beendete damit seine Schulausbildung und nahm sie nie mehr auf.
  • Ab 1904 Töpferlehre in der Slowakei, vermutlich in Preßburg, Wanderjahre als Geselle in der k. u. k. Monarchie und im Deutschen Reich. Schließlich eine erste Anstellung in der Wienerberger Tonwarenfabrik. Nebenbei besuchte Josef Thorak einen Kurs für Berufstätige an der Kunstgewerbeschule
  • 1911 – 1915 Studium der Bildhauerei an der Kunstakademie Wien, unterbrochen vom Kriegseinsatz in Ostpreußen, protegiert von Julius von Schlosser (1866 – 1938), Direktor des Kunsthistorischen Museums in Wien
  • Julius von Schlosser vermittelte den jungen Künstler an Wilhelm von Bode (1845 – 1929), den Generaldirektor der staatlichen Kunstsammlungen Berlins, über den Thorak ein Atelier in der Klasse des Präsidenten Ludwig Manzel (1858 – 1936) an der Preußischen Akademie für bildende Künste bekam
  • 1913 Goldmedaille für seine künstlerische Arbeit. Ende des Studiums in Berlin
  • 1917 Mitglied der Berliner Sezession
  • 1918 Heirat mit Herta Kroll (1895 – 1928, 1926 geschieden), Söhne Siegfried (1917 –1942, gefallen bei Stalingrad) und Klaus (1921 – )
  • Arbeiten für die Familie von der Marwitz in Friedersdorf
  • 1920 Umzug nach Bad Saarow in die Kirchstraße 6. Atelier in Berlin.
  • In den 1920er Jahren bekannt für idealisierte Frauen- und muskulöse Männerfiguren aus Wachs
  • 1925 Ehrenauftrag als Sargträger bei der Beerdigung von Lovis Corinth
  • 1926 dekorativer Brunnen für die Druckerei Ullstein in Tempelhof
  • 1928 Kauf des Grundstücks Bad Saarow, Flur 10, Flurstück 1
  • 1928 Grabplastik für Charlotte Ullstein, geb. Lehmann (1877- 1928), Frau von Franz Ullstein (1868 – 1945) auf dem Friedhof Heerstraße
  • 1928 Staatspreis der Akademie der Wissenschaften
  • 1929 Monographie „Der Bildhauer Joseph Thorak“ von Wilhelm von Bode. Bekanntschaft mit Hjalmar Schacht und anderen Honoratioren, die ihm Aufträge verschafften. Porträt in der Dokumentarfilmreihe „Schaffende Hände“ von Hans Cürlis
  • 1929 heiratete er zum zweiten Mal: Hilda Lubowski (geb. 1897), Schwester des jüdischen Arztes Oskar Lubowski in Berlin, langjähriger Hausarzt von Leni Riefenstahl. Sohn Peter, geboren 1930. Nachdem die Nazis 1933 dem Bildhauer sämtliche Staatsaufträge entzogen, ließen sie sich offenbar einvernehmlich scheiden, wobei Josef Thorak die Schuld an der Scheidung übernahm. Hilda lebte aber noch weiter in seinem Haus in Bad Saarow und emigrierte erst am 25. 2. 1939 zusammen mit ihrem Sohn nach Frankreich und nach dem Einmarsch der Deutschen von dort nach England
  • 1928 Entwurf des „Palmensaals“ im Haus Vaterland
  • 1928 oder 1930 Denkmale „Arbeit“ u. „Heim“, Berlin-Charlottenburg, Knobelsdorff-/Ecke Königin-Elisabeth-Straße, die noch existieren
  • Ab 1930: Die Nachbarn Schmeling in Bad Saarow verbrachten viel Zeit mit dem Ehepaar Thorak. „Wie Thorak selber waren auch seine Feste von schlichtem, bäuerlichem Zuschnitt. Mit Vorliebe servierte er seinen Gästen derbe Gerichte und Faßbier“, so Schmeling in seinen „Erinnerungen“. Der Bergsteiger, Schauspieler und Filmregisseur Luis Trenker stieß bald ebenfalls zu diesem Kreis, genauso wie der Schauspieler Harry Liedtke und andere
  • Der niederländische Schriftsteller Nico Rost, von Juni 1944 bis zur Befreiung im April 1945 Häftling im KZ Dachau, erinnerte sich: „Thorak! Der ‚offizielle‘ Bildhauer des Dritten Reiches. Ich entsinne mich seiner noch recht gut – aus dem Romanischen Café in Berlin. Vor 1933. Ein Streber, der nichts unversucht ließ, um die Kunstkritiker für sich zu gewinnen, sie wohlwollend zu stimmen, der es auch nicht verschmähte, recht bedeutende Beträge von jüdischen Mäzenen anzunehmen und der außerdem wer weiß was darum gegeben hätte, um bei Flechtheim ausstellen zu können. Das war allerdings vor Hitler.“
  • 1932 Porträt des Reichspräsidenten v. Hindenburg und von Max Schmeling, 1933 von Josef Goebbels. Ab 1934 Porträts von Mussolini (1934, 1942), Pilsudski (1935), Hitler (1936)
  • 1934 Abnahme der Totenmaske von Paul v. Hindenburg
  • 1934 Auftrag der Türkei für die Fertigstellung des von Anton Hanak (1875 – 1934) entworfenen nationalen Befreiungsdenkmals in Eskişehir sowie für das Kemal-Atatürk-Denkmal in Ankara 1942
  • 1935 erste Einzelausstellung, organisiert durch das Amt Rosenberg. Mit seinen antikisierenden, monumentalen, muskulösen und rassisch „reinen“ Männer- und „gesunden“ Frauenfiguren entsprach Thorak perfekt den ästhetischen Vorstellungen der nationalsozialistischen Führer. Josef Thorak war innerhalb weniger Jahre vom beinahe mittellosen, vornehmlich in Berlin und Umgebung bekannten Bildhauer zum über die Grenzen des „Dritten Reiches“ hinaus repräsentierenden und präsenten Staatskünstler geworden, der mit Arno Breker (und in Konkurrenz mit diesem) zu Hitlers favorisierten Skulpteuren zählte.
  • Frühjahr 1936 mehrtägiger Aufenthalt auf Hitlers Obersalzberg, um an der Plastik des Führers zu arbeiten, wohl initiiert durch Hitlers Leibfotografen und Freund Heinrich Hoffmann
  • 1936 – 1938 Skulpturen für das Olympiagelände wie die Großplastik „Boxer“, für die Max Schmeling Modell stand, Relief für das neue Reichsbankgebäude, eine Skulpturengruppe mit Siegesgöttin, zwei Männern mit Schild und Schwert und zwei Rossebändigern sowie für die zwei Reiterskulpturen „Schwertträger“ und „Fahnenträger“ für das Märzfeld auf dem Parteitagsgelände in Nürnberg
  • Ostermontag 1937 nachmittags kleine Teegesellschaft bei Goebbels: Zerletts, Anny Ondra, Bildhauer Thorak und Breker, v. Kalckreuth
  • 1937 Figurengruppe „Kameradschaft“ und „Familie“ für den deutschen Pavillon auf der Weltausstellung in Paris
  • 1937 Berufung zum Professor an der Kunstakademie München. Die Berufung erfolgte auf Initiative des bayerischen Gauleiters und Kulturministers Adolf Wagner und mit Unterstützung von Joseph Goebbels
  • Ab 1937 regelmäßig Ausstellung der NS-Auftragskunstwerke auf der Großen Deutschen Kunstausstellung in München
  • 1938 Auftrag Hitlers an Speer für den Bau des Ateliers für Thorak in Baldham (heute Gemeinde Vaterstetten). Richtfest am 23. 2. 1939, Am 5. Mai 1945 trafen sich in diesem Atelier die Delegationen der deutschen Heeresgruppe G und der 7. US-Armee, um über die Kapitulation der gut 200.000 deutschen Soldaten in Süddeutschland zu verhandeln. Heute steht das Gebäude unter Denkmalschutz und wird seit 1991 von der Archäologischen Staatssammlung genutzt
  • 1938 Erwerb von Schloß Hartmannsberg im Chiemgau
  • 1938 Arbeiten an den „Schreitenden Pferden“ für die Gartenfront der Reichskanzlei (siehe Ausführungen im Anhang)
  • 1. 1943 Aufnahme Josef Thoraks in die NSDAP mit rückdatiertem Aufnahmedatum 30. 1. 1933 und niedrigerer Mitgliedsnummer
  • 1943 kaufte Thorak das Schloss Prielau im Pinzgau, das der Witwe Hugo von Hofmannsthals, der Jüdin Gertrude von Hofmannsthal, seit 1932 gehört hatte und die nach England emigriert war. Das Schloß war 1940 beschlagnahmt worden. Der Familie v. Hofmannsthal wurde es1945 zurückerstattet
  • 1944 Thorak auf der Ausstellung „Deutsche Künstler und die SS“ in Salzburg
  • August 1944: Josef Thorak stand auf der Sonderliste der Gottbegnadetenliste, die vier besonders wichtige Bildhauer unter den Gottbegnadeten hervorhob: neben dem Staatsbildhauer Thorak die Bildhauer Arno Breker, Fritz Klimsch und Georg Kolbe
  • Nach dem 2. Weltkrieg wegen Nähe zum nationalsozialistischen Regime angeklagt. Freigesprochen.
  • Am 6. 9. 1946 heiratete Thorak in dritter Ehe Erna Hönig (1915 – 2004) mit ungarischen Wurzeln und US-Staatsbürgerin. Sohn Thilo wurde am 6. 6. 1949 geboren.
  • 1950 Aufstellung von Thoraks Skulpturen Nikolaus Kopernikus und Paracelsus im Mirabellgarten und Ausstellung seiner Plastiken aus der Zeit von 1937 bis 1945 im Zwergelgarten von Salzburg
  • Thorak starb am 25. 2. 1952 auf Schloß Hartmannsberg am Chiemsee
  • Am 18. 2. 1963 beschloss der Gemeinderat von Salzburg die Benennung einer Straße als „Josef-Thorak-Straße“

Eine Auswahl der Skulpturen Joseph Thoraks

Josef Thorak, Skulptur „Heim“, aufgestellt 1928 in Berlin-Charlottenburg, Knobelsdorffstraße Ecke Königin Elisabeth Straße (Mutter Erde in Wikimedia Commons, gemeinfrei)

Josef Thorak, Skulptur „Arbeit“, aufgestellt 1928 in Berlin-Charlottenburg, Knobelsdorffstraße Ecke Königin Elisabeth Straße (Mutter Erde in Wikimedia Commons, gemeinfrei)

Josef Thorak, Paracelsusstatue im Kurgarten von Salzburg (Autor MyName (Luckyprof (talk) in Wikimedia Commons, licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Austria license)

Das Atelierhaus von Josef Thorak, Eingangsseite Quelle: Der Bildhauer Joseph Thorak von Wilhelm von Bode, J. J. Ottens-Verlag, Berlin Frohnau 1929

Die Thorak-Pferde der Reichskanzlei

Der Aufgang zur Neuen Reichskanzlei auf der Gartenseite wurde flankiert von zwei überlebensgroßen schreitenden Pferden, die Josef Thorak gestaltet hatte. Wegen der Bombardierung Berlins wurden etliche Kunstwerke aus öffentlichen Einrichtungen 1943 in die Atelierräume von Arno Breker in Jäckelsbruch bei Wriezen ausgelagert.

Dort beschlagnahmten sie die Sowjets. Darunter die Pferde, die lange Zeit als verschollen galten. Eine Berliner Journalistin schilderte im Januar 1989 in einem Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, dass sie überraschend auf einem sowjetischen Sportplatz in Eberswalde mehrere Plastiken aus der NS-Zeit von Breker, Klimsch und Thorak entdeckt hatte, die nach dem Krieg offenbar zur Verschönerung des Sportgeländes dorthin verfrachtet worden waren. Die beiden mit Goldfarbe überzogenen Bronzepferde von Thorak standen neben der Aschenbahn.

Dieser Zeitungsartikel weckte Interesse in westdeutschen Kreisen. Gegen eine Spende für die Erdbebenopfer in der Sowjetrepublik Armenien bewegte man die russischen Offizieren in Eberswalde, die Bronzeplastiken herauzugeben und ließ sie schon Ende Januar 1989 in eine Scheune in Vehlefanz bei Kremmen auslagern. Dort wurden die Plastiken zersägt und die Teile als Schrott in mühsamer Kleinarbeit als Beiladung zu Oldtimerlieferungen in den Westen Deutschlands geschmuggelt. In Bad Dürkheim ließ der Unternehmer Rainer Wolf die Einzelteile wieder zusammenfügen, die Figuren restaurieren und die beiden Pferde 2015 auf dem Grauen Kunstmarkt für 3 Mio. € anbieten. Das fiel auf und gelangte deutschen Behörden zur Kenntnis. Kunstfahnder des Berliner Landeskriminalamts beschlagnahmten im Mai 2015 bei einer Razzia in Bad Dürkheim alle Plastiken.

In den sich anschließenden Verhandlungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolger des Deutschen Reichs und dem Unternehmer Rainer Wolf, der für sich in Anspruch nahm, aufgrund einer Verwertungsbestätigung des russischen Standortkommandanten den Buntmetallschrott legal erworben zu haben, einigte man sich im Jahr 2021 darauf, dass die Bundesrepublik die Schreitenden Pferde von Josef Thorak übernimmt, während der Unternehmer die vier Plastiken von Arno Breker (Reliefs für die Welthauptstadt Germania) und Fritz Klimsch (Bronzplastiken Galathea und Olympia) behalten darf. Die Pferde wurden 2022 in die Zitadelle Spandau bei Berlin transportiert, wo sie der Ausstellung „Enthüllt. Berlin und seine Denkmäler“ angegliedert werden.

Bronzestatue „Schreitendes Pferd“ von Josef Thorak in Ising am Chiemsee, 1938 auf der Großen Deutschen Kunstausstellung in München ausgestellt (Autor Gemu2 in Wikimedia Commons, licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 Interrnational license)

Eine Auswahl der Skulpturen des Joseph Thoraks

Quelle: Der Bildhauer Joseph Thorak von Wilhelm von Bode, J. J. Ottens-Verlag, Berlin Frohnau 1929