Prof. Gustav Hochstetter (12. 5. 1873 – 26. 7. 1944) war in der späten Kaiserzeit und in der Weimarer Republik ein bekannter Humorist, der nach dem 1. Weltkriegs ein Haus in Saarow, den Hochstetterhof, bewohnte. Da er Jude war, teilte er das Schicksal seiner in Deutschland gebliebenen jüdischen Leidensgenossen und wurde im KZ Theresienstadt ermordet. Am 12. 5. 2023 wäre Hochstätter 150 Jahre alt geworden.Geboren wurde Gustav Hochstetter in Mannheim, wo er auch sein Abitur machte und danach zunächst Kaufmann wurde. Sehr bald studierte er jedoch Philosophie in Heidelberg, was durch Korrespondenz mit Wilhelm Busch im Jahr 1902 belegt ist. Laut seiner Visitenkarte war er Professor der Literatur. Diesen Titel verlieh ihm offenbar ehrenhalber  die Universität Brüssel.Von 1903 bis 1923 war er Redakteur der „Lustigen Blätter“ in Berlin, wo er seine Wohnung nahm und später nach Saarow in den Kronprinzendamm umzog. 1913 heiratete er die Breslauer Kaufmannstochter Margarete Pasch, die nach der späteren Scheidung noch nach England emigrieren konnte. Dieser Ehe entstammte die gemeinsame Tochter Elisabeth Maria, geboren 27. 2. 1915 in Berlin. In zweiter Ehe war Hochstetter mit Hildegard Modes verheiratet, die als Nichtjüdin die Nazis überlebte.Hochstetter blieb in Deutschland. Er wurde eine bekannte Persönlichkeit in seiner Zeit, schrieb humoristische Kolumnen und Verse, die häufig in illustrierten Fassungen in hohen Auflagen erschienen, und hielt im Rundfunkt humoristische Vorträge. Daneben schuf er ein umfassendes schriftstellerisches Werk und trat auch als Drehbuchautor in Erscheinung. Sein Gedicht „Mahnung“ wurde 1901 von Arnold Schönberg für das Überbrettl vertont. In unseren Tagen hat Eva Homrighausen, Nürnberg, mehr als ein Dutzend seiner Gedichte vertont.Nach dem Ausscheiden aus den Lustigen Blättern lebte Hochstetter als freier Schriftsteller. Dazu gründete er die „Bibliothek-Gesellschaft m.b.H. zu Pieskow“, deren Direktor er war und in der Romane wie „Der rasende Junggeselle“ (1928) und „Der Nasenprofessor“ erschienen. Beispielhaft weitere Buchtitel: Mein buntes Berlin. Humoresken. (Berlin 1911); Das Füßchen der gnädigen Frau und anderes (1912); Feldgraue Humoresken. (1916); Venus in Seide: Ein neues Liebesbrevier (1921); Lachendes Blond. Ein Brevier der Lebensfreude (1921); Wir waren alle verrückt – Ein Mädchen-Roman aus der Billionenzeit (1930); Lustiges aus dem Hundeleben und andere heitere Rundfunk-Vorträge. Beeskow. In den zwei Bänden „Maruschka Braut gelibbtes – Briefe aus Debberitz“ (1915/16) machte er sich zeitgemäß über „Iwan, Kosak gefangenes“ lustig.Nach dem November-Progrom 1938 schenkte Hochstetter das Haus und einen Teil des großen Grundstücks seiner Frau. 1942 ließ sich das Ehepaar scheiden. Er wurde deportiert. In Radinkendorf soll er noch beim Straßenbau gesehen worden sein, kam dann aber nach Theresienstadt und starb dort. Seine Frau ging nach Hamburg und kam nach dem Krieg nach Bad Saarow zurück, wo sie im alten Haus eine Pension betrieb. Sie starb 1955.[1]Die Tochter Elisabeth Maria durfte ihre Schulausbildung nicht mehr zu Ende machen und arbeitete in der Bibliotheksgesellschaft ihres Vaters. 1941 wurde sie zur Zwangsarbeit dienstverpflichtet, 1942 in das Arbeitslager Radinkendorf eingewiesen und im selben Jahr nach Osteuropa deportiert. Ein letztes Lebenszeichen von ihr kam aus Minsk.Das Volk der Dichter und der Denker.Wir sind das Volk der Dichter und der Denker? Wohl wahr! Doch auch ein andres Wort ist wahr: Wir sind das Volk der tapfren Schlachtenlenker, Der kühnsten, die das Weltall je gebar.Wir sind das Volk der Denker und der Dichter? Wir waren es. So lang uns Friede blieb. Wir sind das Volk der Wächter, der Vernichter, Das sich die Wege bahnt mit grimmem Hieb.Was sich in langen vierundvierzig Jahren Des Generalstabs „Dichter“ ausgedacht – Das sollen unsre Feinde nun erfahren, Da reimt sich „Tag“ auf „Schlag“ – und „Schlacht“ auf „Pracht“!Und wir, das Volk der Dichter und der Denker, Wir schreiben’s hin, mit starker, fester Hand: Wir sind das Heldenvolk der Schlachtenlenker, Das nur ein Höchstes kennt: ein Vaterland!Die Denkerfäuste schultern die Gewehre, Das Dichterauge zielt mit sichrem Blick, Es leuchtet hell – so wie Alldeutschlands Ehre, Und der Poet schafft so sein Meisterstück . . .Wir Dichter wissen’s vor den andern allen, Daß jedes Schicksal sich erfüllen muß: Der Feind ist reif. Was reif ist, das muß fallen. Das ist des großen Dramas rechter Schluß.Wir sind das Volk der Dichter und der Denker; Ja, Freunde, alles wo es hingehört: Wir sind das Volk der Richter und der Henker Für jeden Schurken, der den Frieden stört.Quelle: Gustav Hochstetter, Wir sind wir. Ernstes und Frohes aus der Weltkriegszeit. Berlin: Concordia Deutsche Verlags-Anstalt, G.m.b.H, 1914, S. 15–16.

Stolperstein für Gustav Hochstetter (Frirz Lilienberg in Wikimedia Commons, licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International license)

[1] Reinhard Kiesewetter, Traumgehäuse, Förderverein Bad Saarow, 3. Auflage 2010, S. 124/125